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Donnerstag, 6. Juni 2013

Interpretation 1 - Justinus Kerner "Unter dem Himmel" (1845)

Alter Blog, neues Glück.
Ich will bayerischen Schülern eine Hilfe sein und ein paar Aufgaben und Lösungen posten.


Heute beginne ich mit...

Justinus Kerner: Unter dem Himmel (1845)


Laßt mich in Gras und Blumen liegen
Und schaun dem blauen Himmel zu,
Wie goldne Wolken ihn durchfliegen,
In ihm ein Falke kreist in Ruh.

1. Strophe: Idylle, Harmonie, Friede, Natur --> Signalwort blau für Romantik (Novalis: Blaue Blume)
Metrum Jambus


Die blaue Stille stört dort oben
Kein Dampfer und kein Segelschiff,
Nicht Menschentritt, nicht Pferdetoben,
Nicht des Dampfwagens wilder Pfiff.

bis zu des "Dampfwagens (hier ist die Eisenbahn gemeint) wilder Pfiff"
Eisenbahn: 1835 Nürnberg-Fürth 25-30 km/h
Warum der Bruch? Eisenbahn zerstört die Idylle


Laßt satt mich schaun in diese Klarheit,
In diesen stillen, sel'gen Raum:
Denn bald könnt' werden ja zur Wahrheit
Das Fliegen, der unsel'ge Traum.

Dann flieht der Vogel aus den Lüften,
Wie aus dem Rhein der Salmen schon,
Und wo einst singend Lerchen schifften,
Schifft grämlich stumm Britannias Sohn.

Salmen = Lachs (früher gab es im Rhein tatsächlich Lachs, durch die Industrialisierung wurde er aber so verschmutzt, dass der Lachs ausstarb)
Britannias Sohn = spielt auf Großbritannien als Seemacht an


Schau' ich zum Himmel, zu gewahren,
Warum's so plötzlich dunkel sei,
Erblick' ich einen Zug von Waren,
Der an der Sonne schifft vorbei.

Fühl' Regen ich beim Sonnenscheine,
Such' nach dem Regenbogen keck,
Ist es nicht Wasser, wie ich meine,
Wurd' in der Luft ein Ölfaß leck.

"Mit wurd in der Luft ein Ölfass leck" - meint er die Umwelt- bzw. hier die Luftverschmutzung. Unser Lehrer meinte dazu: gute Literatur nimmt immer Entwicklungen vorweg.


Satt laßt mich schaun vom Erdgetümmel
Zum Himmel, eh' es ist zu spät,
Wann, wie vom Erdball, so vom Himmel
Die Poesie still trauernd geht.

Die vorletzte Strophe zeigt utilitaristische Tendenzen, außerdem ist der Reim Erdgetümmel und Himmel unrein.


Verzeiht dies Lied des Dichters Grolle,
Träumt er von solchem Himmelsgraus,
Er, den die Zeit, die dampfestolle,
Schließt von der Erde lieblos aus.

In der letzten Strophe zeigt der Autor seine Position: er hält nichts von der Technikverrücktheit (dampfestolle) und  fühlt sich nicht heimisch (entfremdet).


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